Dehnbarkeit berechnen und verstehen
Sobald man mit dehnbaren Stoffen arbeitet, spielt nicht nur die Dehnbarkeit in verschiedene Richtungen eine Rolle, sondern auch die Höhe der Dehnbarkeit. Wie man die Dehnbarkeit von Stoff und Spitze einfach „berechnet“, zeige ich dir in diesem Blogartikel. Außerdem erkläre ich dir den „Fadenlauf der dehnbaren Materialien“!
Den richtigen Stoff für dein Schnittmuster auswählen
Schnittmuster sind immer auf einen bestimmten Stoff angepasst. Vielleicht ist dir das schon mal aufgefallen, als du ein Kleidungsstück ein zweites Mal genäht hast und es plötzlich nicht mehr so toll saß, wie beim ersten Mal. Grund dafür war dann die andere Materialauswahl. Bei Jersey-Kleidern und co. fällt es meist noch nicht so auf, wenn man einen stärker/ leichter dehnbaren Stoff verwendet oder es wird erst gar nicht im Schnittmuster angegeben für welche Art von Stoff der Schnitt entwickelt wurde.
Bei Dessous ist das aber etwas Anderes. Dadurch, dass Unterwäsche sich hautnah an unseren Körper schmiegt, zählt jeder Millimeter bei der Passform. Powernet, Spitze, Jersey und Tüll können komplett unterschiedlich in der Dehnbarkeit sein und dann sind es nicht mal mehr ein paar Millimeter, sondern schon mehrere Zentimeter, um die z.B. das Unterbrustband des BHs verlängert/ verkürzt wird.
QuerDehnung & Längsdehnung
Quer- und Längsdehnung sind quasi das Pendant zum Fadenlauf bei elastischen Stoffen. Wenn der Stoff gestrickt oder gewirkt wurde, kann man die einzelnen Maschen erkennen. Wenn du dann den Stoff auseinander ziehst, kannst du Reihen erkennen. Diese Reihen sollten möglichst längs verlaufen, damit es ein optisch schönes Bild ergibt. Dazu kannst du auch mal ein paar Strickjacken oder Strickpullover von dir angucken.
Manchmal ist der Stoff aber von der Dehnbarkeit besser eingesetzt, wenn die Reihen quer verlaufen. Du willst zum Beispiel einen Slip nähen. Damit er richtig bequem wird, sollte die größte Dehnbarkeit des Stoffes unbedingt um den Körper herum (quer) verlaufen. Wenn du nun mit deiner Hüfte wackelst, geht der Stoff einfach mit. Längsbewegung gibt es eher weniger. Wenn du allerdings einen Body nähst, ist es am wichtigsten dass er sich längs gut dehnen lässt, denn nichts ist nerviger als ein unflexibler Body, der im Schritt kneift.
Abgesehen davon hat bedruckter Jersey z.B. ein Muster welches nicht auf dem Kopf stehen sollte. Ob es kompatibel mit dem Schnitt ist, musst du dann entscheiden.
Wenn du also mit einem gekauften BH oder Slip Schnittmuster arbeitest, schaue in der Anleitung nach, ob es dort Hinweise zu den empfohlenen Materialien gibt. Vielleicht ist dort sogar eine Angabe zu „Quer- und Längsdehnung“ enthalten. Diese Prozentangaben kannst du dann mit denen deiner Stoffe vergleichen. Und wie du herausfindest, welche Prozente, also welche Dehnbarkeit deine Stoffe aufweisen, zeige ich dir jetzt.
Dehnbarkeit eines Stoffes in Prozent angeben
Die Dehnbarkeit eines Stoffes lässt sich ganz einfach herausfinden. Dazu brauchst du nur ein Lineal, das mindestens 20cm, besser aber 40-50cm lang ist und deinen Stoff.
Dann hälst du mit beiden Händen den Stoff fest und hälst ihn über das Lineal. Der Abstand zwischen den Händen ist 10cm, damit wir nachher die prozentuale Dehnbarkeit ganz leicht berechnen können. Du hälst den Stoff dabei locker in deinen Händen. Weder ziehst du bereits an dem Stoff, noch hängt er durch. Damit die Dehnung nicht verfälscht wird, greifst du auch nicht direkt an der oberen Kante zu, sondern ein paar cm darunter. Der überstehende Stoff kann einfach runterhängen. Wenn du dann die Zahlen auf dem Lineal aber nicht mehr ablesen kannst, kannst du den überstehenden Stoff etwas eingeklappt mitgreifen. Außerdem gilt:
Immer nur so viele Lagen Stoff aufeinander legen und vermessen, wie auch später der Stoff verarbeitet wird!
Damit es noch einfacher wird, würde ich die linke Hand (wenn du später nach rechts ziehst), immer auf 0,10,20,... cm am Lineal positionieren (ich habe auf den Fotos bei 15cm angelegt - geht natürlich auch). Dann ziehst du mit deiner rechten Hand den Stoff nach rechts so weit es maximal geht! Die linke Hand bleibt dabei auf ihrer Position. Jetzt kannst du ablesen bis wo bzw. um wie viel Centimeter du den Stoff aus der Ruheposition gedehnt hast. Die Anzahl an Millimetern, die zusätzlich erreicht wurden spiegeln die Prozentzahl der Dehnbarkeit wieder.
Zum Beispiel war deine linke Hand auf Position 10cm und deine rechte Hand auf Position 20cm. Du hast den Stoff bis nach 27cm gedehnt. Also um 7cm. Also um 70%. Der Stoff weist eine Dehnbarkeit von 70% auf. Das kannst du sowohl quer, als auch längs einmal ausprobieren und dann festlegen, wie der Stoff später eingesetzt werden soll.
Damit du mal ein Gespür dafür bekommst, wie unterschiedlich die Dehnung verschiedener Materialien sind, die alle für Unterwäsche genutzt werden können, zeige ich dir noch ein paar Beispiele.
Achtung: Das sind nur meine Beispiele - es heisst nicht, dass jedes Powernet genau diese Dehnbarkeit aufweist!